Mittwoch, 20. Juni 2007

Max Boot und die Weltgesellschaft

Was ist wohl vom einstigen Herausgeber des Wall Street Journals zu halten? Amerikas berühmter Neokonservativer findet George W. Bush natürlich Klasse. Endlich einer, der ’s den Scheichs und Mullahs da unten am Golf mal so richtig zeigt, wo ’s langgeht! In einer Welt voller Schurkenstaaten und terroristischen Zellen, so schreibt er sinngemäß, biete eine den Globus beherrschende USA den besten Garanten für Frieden und Stabilität. Und sicher gibt es eine Menge Leute, die dieses Argument einleuchtend finden. Sie merken nicht, dass es ein Trick ist: ein Koffer mit doppeltem Boden. Denn eigentlich geht es um etwas ganz anderes. Nämlich um die Herausbildung einer neuen imperialen Ordnung oder schlichtweg um die Weltherrschaft. Man könnte diesen Prozess auch Globalisierung nennen – euphemistisch ausgedrückt. In jedem Falle geht es um Machtexpansion im globalen Maßstab. So sieht es aus. Die oberste Schicht dieser Machtpyramide bildet eine kleine Elite. Sie besitzt über dreiviertel des gesamten Reichtums der Welt. Zu ihr gehören – so schreiben Hardt und Negri in ihrem Buch Empire – verschiedene Clubs wie der Pariser oder Londoner Club und das World Economic Forum in Davos sowie ein vielfältiges Netz informeller Vereinigungen. Dort werden die Entscheidungen getroffen und anschließend die Informationen gefiltert, die zur Basis durchsickern sollen. Die Basis, also die unterste Schicht der Pyramide, ist die Ebene der Politik. Sie repräsentiert mehr oder weniger die Interessen des „globalen Volkes“, der politischen Systeme der Nationalstaaten, der Vereinten Nationen, der Nichtregierungsorganisationen und so weiter. Wir sehen daher immer nur die Spitze eines Eisbergs. Schön bunt bemalt, in den schillerndsten Farben!
Das liegt auch in der Natur der Sache. Oder besser: in der Natur komplexer Systeme. Denn sowohl ein Universum als auch eine globale Weltgesellschaft sind hochkomplexe Systeme und da wie dort gelten im Grunde die gleichen Regeln. Demzufolge sind unsere physikalischen Gesetze vergleichbar mit der untersten Schicht der Machtpyramide. Sie sind vordergründig und liefern Erklärungen für all die Dinge, die wir sehen und erleben. Aber sie sind nicht wirklich essenziell. Ganz im Gegenteil. Sie sind Blendwerk. Sie gehorchen Gesetzen, die im Hintergrund agieren, eine oder mehrere Ebenen dahinter. So zerren an den Sternhaufen unsichtbare Kräfte, Energien von unvorstellbarem Ausmaß, die mit den uns bekannten Gesetzen der Physik nichts am Hut haben. Wir wären Narren, wenn wir glaubten, das, was sich ereignet, sei das wahre Geschehen. Ganz gleich, ob wir Galaxien, Sterne oder Akteure einer Weltgesellschaft betrachten, was wir sehen ist immer nur die Spitze des Eisbergs.

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