Mittwoch, 2. Mai 2012

Der Kalte Krieg und die Bedeutung des Einzelnen im Weltgetriebe

Sehe auf dem ZDF-Infokanal eine Sendung über die heißesten Momente des Kalten Krieges. Abgesehen von der Kuba-Krise (zwischen 1960 und 1962), als zwei U2-Aufklärungsflugzeuge von den Sowjets abgeschossen wurden und die Russen auf Kuba Nuklearraketen stationierten, aber schließlich wieder abzogen, war eine ganz heiße Phase im Herbst 1983 eingetreten, die beinahe aus Versehen den 3. Weltkrieg ausgelöst hätte. Die Situation war durch den Abschuss eines Passagierflugzeugs am 1. September stark aufgeheizt, bei dem eine Boeing 747 der Korean Air Line (Flugnummer 007) abgeschossen wurde, weil sie ein paar Kilometer in sowjetischen Luftraum eingedrungen war und der sowjetische Abfangjäger die Nerven verloren hatte, was 269 Menschen an Bord das Leben kostete. Tage später kommt es beim Observieren amerikanischer Raketenstellungen zum nächsten kapitalen Fehler. Die russische Satelliten-Software interpretiert reflektierende Sonnenstrahlen zwischen den Wolken als Startblitze amerikanischer Atomraketen und löst Alarm aus. Zum Reagieren blieben nur wenige Minuten, in denen der sowjetische Oberstleutnant Stanislaw Petrow entschied, den Alarm abzublasen, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass die Amerikaner mit nur 5 Raketen den Weltkrieg beginnen würden. Das brachte ihm danach mächtigen Ärger ein, bewahrte aber die Welt vor dem atomaren Inferno (der Pilot des Abfangjägers, der die koreanische Boeing 747 abgeschossen hatte, wird bestimmt dafür ausgezeichnet worden sein). Zu dieser Zeit, im September 1983, spielte ich gerade mit meiner Tanzkapelle im Leipziger Messelokal Schorschel. Dort wäre mein letzter Auftritt gewesen, ich hätte Carola nie kennengelernt, Cäcilia wäre nie geboren worden und Finn erst recht nicht – zumindest in diesem Universum nicht. Und auch eine halbe Million Menschen hätte nicht mehr im Bonner Hofgarten gegen den Rüstungswahnsinn des Kalten Krieges demonstrieren können. Denn das völlig realistische NATO-Herbstmanöver Able Archer, das im November ein weiteres Mal beinahe den 3. Weltkrieg ausgelöst hätte, wäre dann der Ernstfall gewesen.
Was die Sendung aber auch rüber bringt, ist der Umstand, dass der Einzelne im Weltgetriebe durchaus eine gewaltige Bedeutung erlangen kann. Nämlich dann, wenn das Schicksal der Welt davon abhängt, ob er ein Arschloch ohne Gewissen und Verantwortungsgefühl ist oder eben nicht.

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